Champions-League St. Petersburg 26.-28. August 2016

Champions-League im Segeln, das hört sich für viele sicher erst einmal etwas fremd an, genauso vielleicht wie Segelbundesliga…

Aber das Konzept scheint wirklich den Nerv der Zeit getroffen zu haben! Die Clubs treten in den Mittelpunkt des Geschehens, die Segler geben ihr Bestes für ihren Verein und die Mitglieder fiebern mit ihrem Team mit!

Der BYC ist Gründungsmitglied und seit der Premiere 2013 erstklassig. Und besser noch, wir konnten uns in jeder Saison steigern und beendeten das Jahr 2015 als Vizemeister!

Das qualifizierte uns dann auch für die Teilnahme an der Sailing-Champions-League 2016!!!

 

Der Act 1 beim St. Petersburg Yacht Club war die Qualifikationsrunde für das Champions League Finale in Porto Cervo/Sardinien Ende September. Mit einem Platz unter den Top 10 haben wir geliebäugelt, unser Minimalziel sollte aber zumindest Platz 14 im Feld der 23 Clubs aus ganz Europa sein, somit hätten wir für den BYC die Teilnahme gesichert.

Also gut – der Termin für Act 1 machte es für die Auswahl der Crew nicht eben einfach. Heimspiel bei der Deutschen Segelbundesliga vom 19.-21. August auf dem Wannsee und St. Petersburg direkt im Anschluss vom 26.-28. August.

Unser Trainingsplan, die verschiedenen Events und schließlich unser aktueller Platz 7 in der Tabelle der Segelbundesliga, waren am Ende ausschlaggebend für die Zusammenstellung der Crew!

Klar war – die Segelbundesliga hat für uns höchste Priorität, hier sind wir in dieser Saison leider noch nicht so konstant, hatten aber eine solide Ausgangsposition für Berlin. Die Juniorenliga startet  auf dem Wannsee parallel zum Act 1 und wir wollten natürlich eine optimale Vorbereitung für alle Teams erreichen.

Gut dass es unseren Trainer Jörg Saeger gibt, der den Kader akribisch auf die einzelnen Events der Saison vorbereitet…und der auch hier eine klare Linie verfolgte.

Trainingsintensität erhöhen – Wasserzeit für die Teams optimieren!

Also, logische Konsequenz, Team Berlin sollte auch in St. Petersburg segeln und zusammen mit dem Juniorenteam die verbleibenden Trainings auf „Jukebox“ und „Mezzoforte“ absolvieren.

Zusammen mit befreundeten Clubs sind dann unzählige Trainingseinheiten im Ligamodus abgespult worden, wenn auch leider nicht immer mit den besten Windbedingungen… oder besser gar keinem Wind!

Der 4. Spieltag in Berlin war dann geprägt von typischen Wannseebedingungen – nur eben noch typischer… Unser Team kam leider über einen 13. Platz nicht hinaus, konnte aber den 7. Platz in der Gesamttabelle verteidigen, wenn auch mit Komforteinbußen.

Naja, Blick nach vorn Richtung Russland!

Unsere Erwartungen … Qualifikation überstehen wäre schon gut! Zumal wir vom Revier und den Bedingungen vor Ort keine näheren Informationen hatten, nur so viel – auf der Neva gibt es reichlich Strom!

Die russischen Behörden waren gnädig und erteilten uns die Visa, Tickets und Unterkunft waren gebucht – also Sankt Petersburg wir kommen.

Donnerstag 25. August

Abflug ab Schönefeld mit Rossiya …und nach 2 ½ h, Landung in Pulkovo zusammen mit 2 polnischen Teams. Wir wurden von einem Volontär empfangen, der auch gleich ein Taxi in den Club organisierte – toller Service!

Der Club liegt etwas außerhalb von St. Petersburg in Lakhta, direkt neben der gerade in Bau befindlichen neuen Gazprom Konzernzentrale.

45 min Fahrt, der Taxifahrer musste etwas suchen… na gut, wir dachten auch schon eher an ein imposantes Gebäude und einen beeindruckenden Hafen…Industriehafen trifft es eher!

Vor Ort dann wieder eine sehr gute Organisation, jedem Team wurde ein Volontär beiseite gestellt – klasse, denn mit russisch hatten wir es nicht so, und Sascha – unsere Volontärin – konnte sogar etwas deutsch!

Also, Check in, Startgeld gezahlt, Kaution hinterlegt und dann auch schon um 16:30 aufs Wasser zum Training.

Im Hafen lagen 8 nagelneue J/70, anfänglich noch recht rutschig und mit sehr glattem Tauwerk. Wir gehen auf die Nummer 3 und testen mal das etwas bräunliche Wasser auf der Nevabucht oder auch Kronstädter Bucht, einem Teil des Finnischen Meerbusens.

Uns wurde zuvor das Regattagebiet an Hand einer Karte erklärt, also auf keinen Fall RECHTS vom Hafen und nicht hinter die Fahrwassertonnen…eine Untiefentonne wurde uns auch genannt, war aber irgendwie so nicht zu erkennen – eher ein Torpedo ohne Sprit, nun gut, das nahmen wir dann auch gleich als Luvtonne und spulten unser Trainingspensum ab.

Moderater Wind, noch reichlich bewölkt, Valli schimpfte über die glatten Genackerschoten und der Rest stolperte und rutsche so durch das Boot… Es kamen ein paar mehr Teams auf das Wasser, wir nutzten kurzzeitig die Chance für ein Angleichen, drehten dann aber ab und konzentrierten uns auf das eigene Training. Der Wind schien recht konstant aus einer Richtung zu kommen, in diesem Bereich spielte die Strömung keine Rolle und unser Speed stimmte.

Wir waren bereit für den ersten Start und machten uns nach gut 1 ½ Stunden wieder auf den Weg in den Hafen „Herkules“. Augenscheinlich sind wir bei unseren Runden im Flachwasser unterwegs gewesen, einige erstaunte Gesichter an Land wollten wissen ob wir denn nicht öfter mal aufgelaufen seien… Nö waren wir nicht! Entweder schlechte Revierkarte oder wir hatten einfach nur Glück!

Kleine Erfrischung in der Herkulesbar und dann gut 40 min mit dem Auto ins Hotel, Check-In und ab in die City. Mit der Metro ins Zentrum, Eremitage/Winterpalast, Peter & Paul Festung vom anderen Nevaufer…viel Zeit war nicht.

Freitag 26. August – Racing Tag 1

Frühstück – tja, wir einigten uns auf Pancake!

10:00 Uhr dann Eröffnung und Skippers Briefing und um 12:00 Uhr dann der erste Start. Mit uns waren weitere 22 Teams aus 12 Nationen angereist, darunter viele bekannte Namen, Olympioniken und erfahrene Match-Racer. Aus Deutschland traten noch der NRV und der MYC an.

Wir konnten überhaupt nicht einschätzen wie wir uns hier einreihen würden, daher begannen wir wohl auch etwas nervös. An Bord Philipp Bruhns am Lenker, Max Nickel, Valentin Gebhardt und Stephan Mölle.

Beim CL-Modus starten maximal 8 Schiffe in einem Race, Zielzeit ist mit 12-15 min etwas kürzer angesetzt als in der Segelbundesliga. Wir waren im 2. Lauf dran, zusammen mit dem NRV, kurzum wir kamen mit einem 5. Platz aus dem ersten Lauf. Sicher nicht optimal, nachdem wir aber auf der 2. Kreuz schon auf dem letzten Platz lagen, konnten wir uns durch einen guten finalen Downwind noch 3 Plätze nach vorn verholen. NRV 1. Platz, was ihnen noch 4-mal in Folge gelingen sollte.

Kurze Besprechung mit Jörg, unser grobe Fehler auf dem 1. Leg zum Gate war wohl selbst vom Ufer klar zusehen…gut abhaken und weiter.

Es folgten noch weitere 4 Rennen für uns mit den Einzelergebnissen 1-3-1-1 – das sah doch schon deutlich erfreulicher aus, zumal nun auch die nötige Lockerheit eintrat. Kleinere Fehler konnten wir durch super Speed am Wind kompensieren, taktisch recht ausgeglichen, kamen uns unsere guten Manöver zu Gute – Training Training Training… scheint was dran zu sein an Jörgs Motto!

Wir beendeten den Tag ein sehr zufrieden auf dem 2. Tabellenplatz hinter dem NRV und der Société Nautique de Genève aus der Schweiz.

Am Abend dann Crewparty mit Kwas und Schawarma…

Samstag 27. August – Racing Tag 2

Frühstück – am besten Pancake!

Wir wollen gar nicht viel über diesen Tag erzählen, selbst Jörg hatten dann auch keine Punkte mehr auf seinem Zettel… 5 Races – 5 Punkte! Allein eine zerstörte Fock und ein dadurch mit RDG gewertetes Rennen waren ein Aufreger – Wir stellten den Antrag auf Wiedergutmachung und deren Entscheidung kam uns irgendwie gelegen – Durchschnitt der Tagesrennen.

Aber dennoch beachtenswert – die Vorhersagen sagten für den Nachmittag ordentlich Druck voraus… das sollte dann auch tatsächlich so eintreffen. Bis dahin konnten wir, bei stetig zunehmendem Wind, unsere Geschwindigkeitsvorteile voll ausspielen… obwohl sich die Regattaleitung während des Tages dazu entschlossen hat das „Hiken“ zu verbieten!

Wir kamen dem NRV etwas näher, hatten aber auch die Schweizer weiter dicht im Nacken.

Es sollte sich also alles auf der Neva entscheiden! Aber dazu musste der gesamte Tross erstmal an den Fuß der Peter & Paul Festung umziehen – nicht so ohne bei mittlerweile 8 Windstärken!!!

Wir wussten nun auch nicht wirklich was uns dort erwartet, es konnte viel passieren, auch das Podium war lange noch nicht sicher!

Am Abend trafen wir uns dann mit den anderen deutschen Teams und unseren Volontären in der Stadt – einhellige Meinung zum Finaltag – das wird spannend!

Sonntag 28. August – Racing Tag 3 Finale

Frühstück – genau, Pencake!

Überwältigende Kulisse mit wunderschönen Gebäuden, der P & P Festung im Rücken und Tragflächenbooten die bis fast an die Anleger foilten. Unser Race-Kurs sehr nahe am Nordufer der Neva, gegenüber der Eremitage, Sonne satt, Wind reichlich und ein wenig Strömung mit etwa 5 kn, Windrichtung WSW, also genau gegen den Strom!

Taktisch dieses Mal sehr anspruchsvoll, reicht der Wind auf dem Vorwind zum Gleiten ist die Mitte der Neva sicher im Vorteil, Gibeset als Option wenn etwas weniger Druck und schön am Ufer, in etwas seichteren Gefilden zum Leegate schleichen, aber nur nicht zu spät den Absprung zum Fass erwischen und auf keinen Fall den Genacker zu früh bergen, sonst steht man vor dem Gate!

Nun gut, wir konnten uns das Spektakel 4 Rennen lang anschauen, bis wir im 3. Lauf von Race 11 an der Reihe waren. Völlig unklar was wir nun eigentlich machen werden, galt unsere Aufmerksamkeit zu aller erst dem Start – 5 kn schieben dich schon ordentlich Richtung Linie!!!

Der Start war nicht so wirklich optimal, aber zumindest kein Frühstart! An Tonne 1 – nach nur 1:50 min!!! Kamen wir als letztes Boot an, hmmm nicht gut!

OK, dann halt jetzt mal der Gibeset und dicht an die Festungsmauer von P & P, Absprung geschafft und rechtes Fass am Gate, super Kreuz und als erster ums Luvfass. Auf dem Downwind noch mal richtig gut abgesetzt…Zielsprint und – Layline versemmelt! Wir mussten uns ans Pinend herankämpfen, schon völlig überpowert und alles offen… Abflug fast auf der Ziellinie und schon war in der Mitte der Società Velica di Barcola e Grignano durch – einfach mal früher Richtung Ziel hören wir Jörg schon sagen… recht hat er!!!

Aber wir haben den 2. Platz eingefahren – das war super!!!

Der NRV legte einen souveränen 1. Platz hin, jedoch schwächelte die Société Nautique de Genève, nach hinten also etwas mehr Luft.

Im nächsten Lauf musste sich wiederum die Fock ergeben, das Auge am Hals riss, wie schon am Tag zuvor, unvermittelt aus – Ende! Gar nicht gut!!! Wiedergutmachung…fraglich.

Der NRV legte noch einen 1. Platz hin, sauber gesegelt! Die Schweizer mit Platz 4 noch nicht optimal.

Rennen 13, Show-Down mit dem NRV, guter Start in Lee, 2. am Luvfass, Malta vorn. Sehr gut verteidigt, im Ziel 2. Platz knapp hinter Malta… Erst nach dem Zieleinlauf konnten wir erkennen, dass der NRV einen richtig fetten Klops schlucken musste – letzter Platz und somit haben wir die Führung im Gesamtklassement übernommen!!!

Die Zeit wurde allmählich knapp und die letzte Startmöglichkeit einen weiteren Flight zu beginnen war verstrichen, es blieb also nur noch ein Lauf für uns und auch für den NRV!

Jetzt wollten wir natürlich die Führung nicht mehr aus der Hand geben, Jörg hatte auch schon keine Nerven mehr und meinte nur – macht ihr mal!!!

Alles bis Platz 4 wäre klasse… und wir beginnen mit einem Frühstart am Pinend!

Sofort Halse um die Tonne, rechts raus am Nevastrand anschlagen und rum! Dritter am Luvfass… puhhh nun keine Experimente, genügend Druck also Genacker normal setzen, in die Mitte der Neva, Layline sauber getroffen 😉 und als zweiter am Gate links raus auf die Kreuz.

Schönes Match mit dem Yacht Club Adriaco, wir runden als zweiter und halsen einen Tick früher als die Italiener in Richtung Ziel. Handbremse gelöst, Fock raus und in einem genialen Endspurt konnten wir unser letztes Rennen dieser Serie und somit die Qualifikationsrunde der Sailing Champions League gewinnen. Einfach nur genial!!!

Uns fehlen noch immer die Worte…

Anschließend konnte der NRV nochmals seinen Lauf souverän gewinnen. Glückwunsch an die Hamburger Jungs für den zweiten Platz, sehr spannend! Auf den 3. Platz kamen unsere Freunde aus Genf von der Société Nautique de Genève.

Die Siegerehrung fand dann direkt im Anschluss am Ufer der Neva statt, was für ein Event…!

Die Abschlussparty am Abend in der Innenstadt, mit vielen Teams und Organisatoren, rundete eine unglaubliche Regatta, in einer atemberaubenden Stadt, gebührend ab!

Wir möchten uns noch einmal besonders bei allen Mitgliedern des BYC für die Unterstützung bedanken, wir bedanken uns ebenfalls recht herzlich bei unseren Sponsoren und Gönnern, allen voran Trigon – Vielen Dank!

Philipp, Valli, Max und Stephan